
Podiumsdiskussion „Zwischenbilanz Radentscheid“ © Axel Mörer
ADFC: OB soll Verkehrswende zur Chefsache machen
Zwischenbilanz Radentscheid: Debatte mit IHK, ADFC, CDU, Grünen und Radentscheid
Wegen der teilweise emotionalen und hart geführten Debatte um die Verkehrspolitik in Bonn und des ins Stocken geratenen Dialoges richtet der ADFC einen Appell an Oberbürgermeisterin Katja Dörner. „Es ist Aufgabe der OB, die Verkehrswende zur Chefsache zu machen und den Dialog zu ermöglichen“, so Gerd Billen, Verkehrspolitischer Sprecher des ADFC-Kreisverbandes am Dienstagabend auf der Podiumsdiskussion „Zwischenbilanz Radentscheid“ im Katholischen Bildungszentrum in der Bonner Innenstadt. Die Debatte brauche „Respekt von beiden Seiten“, für die Verkehrswende brauche es einen langen Atem und einen Interessenausgleich, weshalb es wichtig sei, auch die Opposition stärker einzubinden. Die Debatte um die Verkehrspolitik werde außerdem zu sehr auf Bonn fokussiert. „Wir müssen angesichts von 130.000 Einpendlern das Umland mitdenken“, so Billen. „Wir allein in Bonn lösen die Probleme nicht.“
Wie gut der Dialog funktionieren kann, zeigte die Debatte, zu der der ADFC IHK-Geschäftsführer Prof. Stephan Wimmers, den Verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Ratsfraktion, Jürgen Wehlus, die Ausschussvorsitzende des Verkehrsausschusses Friederike Dietsch (Grüne) und Radentscheid-Sprecherin Sonja Thiele eingeladen hatte. IHK-Verkehrsexperte Wimmers stärkte der Verkehrswende den Rücken, forderte mehr Radverkehr, die Stärkung des ÖPNV. „Für uns gilt nicht Auto first“, so Wimmers. Für einen Umstieg müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen. „Der ÖPNV kann die Autopendler gar nicht aufnehmen“, so Wimmers. Die Fertigstellung der S13 verschiebe sich immer weiter nach hinten, auch der Zustand der Deutschen Bahn sei nicht geeignet, noch mehr Pendler aufzunehmen. Man müsse die Rahmenbedingungen für einen Umstieg auch für die schaffen, die über größere Strecken pendeln müssen. „Es reicht nicht, Verkehrsräume neu aufzuteilen“, so Wimmers.
Ausschussvorsitzende Dietsch entgegnete, dass es ohne eine Neuaufteilung der Verkehrsflächen nicht gehen werde. Wer Rad- und Fußverkehr, Busse und Bahnen fördern wolle, brauche Flächen. Dietsch und Radentscheid-Sprecherin Sonja Thiele waren sich einig, dass privater Autoverkehr zurückgeht, wenn neue Angebote geschaffen werden. „Verkehr ist keine fixe Größe. Er kann verpuffen.“ CDU-Verkehrssprecher Wehlus appellierte, alle Verkehrsteilnehmer mitzunehmen. „Wir brauchen weniger Autos, das ist ganz klar“, bekräftigte Wehlus, „aber Verbote erzeugen Widerstand.“ Wenn ein Supermarkt wöchentlich mit 26 Tonnen Ware beliefert wird, mit Tiefkühl- und Frischware, dann müsse er erreichbar bleiben. Es gehe darum, die verschiedenen Interessen in Einklang zu bringen.
Für den Radentscheid forderte Sonja Thiele von der Politik „weniger Verkehrsversuche, mehr machen“. Ihr Radentscheid-Kollege Steffen Schneider vermisst eine Umsetzungsstrategie. „Bei der Umsetzung liegen wir weit hinter den Beschlüssen.“ Zugleich befinde man sich mitten im Verteilungskampf, mit Anliegern, Interessensverbänden bis hin zu den Baumschützern. „Wir brauchen erlebbare Fortschritte, komplette Routen, auf denen man zügig und schnell radfahren kann, und nicht nur Stückwerk, wenn gerade ein Kanal oder eine Fahrbahndecke erneuert wird“, so Schneider. Immerhin zog Schneider die positive Bilanz, dass der Radverkehr auf der Agenda steht. „Die Umgestaltung der Oxfordstraße in der jetzigen Form wäre ohne den Radentscheid nicht möglich gewesen“, so Schneider.
Dem schloss sich auch ADFC-Verkehrssprecher Billen an. „Wir brauchen eine schnelle Umsetzung des Hauptroutennetzes in Bonn.“ Aktuell gebe es zu viel Stückwerk. „Wir brauchen ein schnelles und sicheres Netz, nur dann steigen die Leute um. Der ADFC wünscht sich, dass es in zehn Jahren eine Radinfrastruktur gibt, auf der sich auch ein zehnjähriges Kind sicher bewegen kann.“